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Ronald Müller

Vice President Sales, Mitglied der Geschäftsleitung

Treasury und Nachhaltigkeit – Wie passt das zusammen?

Das Thema Nachhaltigkeit gewinnt immer mehr an Bedeutung. Als ehemaliger Treasurer hat sich Thomas Langer, Senior Sales Manager bei der BFS finance GmbH, gefragt, inwieweit es im Treasury Anknüpfungspunkte gibt und warum sich auch dieser Unternehmensbereich schon heute mit der Thematik auseinandersetzen sollte. Mit Thomas Maletz, Vice President Regulatory Compliance bei der BFS finance GmbH und Teilnehmer der Arbeitsgruppe Nachhaltigkeit des Deutschen FactoringVerband e.V., sprach er genau über diese Fragen.

Warum ist es heute gerade auch für Treasurer wichtig, sich mit dem Thema Nachhaltigkeit auseinanderzusetzen?

Bisher beschränkte sich das Thema Nachhaltigkeit eher auf das Hausmanagement oder die Produktion. Aktuelle Stichwörter wie „Green- oder Sustainable Finance“, Green Deal und EU-Taxonomie führen heute aber direkt in das Finanzzentrum der Unternehmen und damit ins Corporate Treasury.

Es ist davon auszugehen, dass zunehmend nachhaltig agierende Unternehmen bei Finanzierungsfragen und/oder der Beschaffung von Liquidität bevorzugt werden und bessere Konditionen erzielen können. Das Treasury ist also „Mittendrin“ statt nur dabei!

Wie kommt es zu den verbesserten Konditionen? Normalerweise ist es doch umgekehrt: Nachhaltigkeit kostet.

Das ist zunächst richtig. Die Transformation eines Unternehmens hinzu einem gewünschten nachhaltigen Wirtschaften erfordert zunächst Investitionen, die finanziert werden wollen. Damit sind wir in der Finanzwirtschaft angekommen, die ihre Preise, also Zinsen, im Verhältnis zum Risiko berechnet und wir sind bei den Parametern, die den Preis beeinflussen.

Bei Finanzinstituten spielen dabei die Risiken, die bei der Finanzierung des Unternehmens eingegangen werden, eine wichtige Rolle. Denn für Finanzinstitute ist Risiko gleich zu setzen mit Aufwand. Dieser entsteht unter anderem auch durch die Eigenkapitalhinterlegung von Finanzierungen.

Je höher das Risiko, desto mehr Eigenkapital muss vorgehalten werden und desto höher der Zinssatz, um dieses Eigenkapital zu finanzieren. Momentan sind es besonders die Bonitätsrisiken – und im Factoring zusätzlich die Veritätsrisiken – die dabei berücksichtigt werden.

Zukünftig werden aber auch Nachhaltigkeitsrisiken in die Preisgestaltung mit eingehen. Hier gilt dann, je nachhaltiger ein Unternehmen wirtschaftet, desto geringer die Risiken, und damit desto geringer die Kosten und somit der Preis, also der Zins.

Je höher das Risiko, desto mehr Eigenkapital muss vorgehalten werden und desto höher der Zinssatz, um dieses Eigenkapital zu finanzieren.

Thomas Maletz, Vice President Regulatory Compliance, Mitglied der Geschäftsleitung

Also bedeutet nachhaltiges Handeln aus der Sicht der Finanzwirtschaft ein geringeres Ausfallrisiko. Aber woher kommt dieser Zusammenhang?

Ausgangspunkt sind die von der UN definierten Sustainable Development Goals auf deren Basis in den Dimensionen Ökologie (Environmental), Soziales (Social) und verantwortungsvolle Unternehmensführung (Governance) verschiedene ESG Parameter definiert wurden.

Innerhalb dieser Dimensionen wird aber nochmals zwischen physischen Risiken, Transitionsrisiken sowie rechtlichen und Reputationsrisiken unterschieden. Ein nachhaltig handelndes Unternehmen ist sich dieser Risiken bewusst, managt sie und ist damit diesen Risiken weniger ausgesetzt als ein Unternehmen ohne diesen Nachhaltigkeitsansatz.

Wie kann ich mir das konkret vorstellen?

Am anschaulichsten lässt sich dieser Zusammenhang wahrscheinlich an den physischen Risiken darstellen. Dabei wird beispielsweise analysiert, inwieweit ein Unternehmen extremen Wetterereignissen ausgesetzt ist, die sich im Zweifel durch den Klimawandel verschärfen. Ein Unternehmen, das beispielsweise an der Küste Standorte hat, die zukünftig zu überschwemmen drohen, birgt somit höhere Risiken.

Transitionsrisiken ergeben sich aus der Umstellung zu einem nachhaltigen Geschäftsmodell des Unternehmens. Darunter fallen beispielsweise alle Abhängigkeiten zu fossilen Energien. Erhöht sich beispielsweise der CO2-Preis, haben solche Unternehmen Nachteile, sollten sie diese nicht ersetzen (können).

Rechtliche und Reputationsrisiken entstehen dadurch, dass ein Unternehmen sich nicht an neue Vorschriften, wie beispielsweise das Lieferkettengesetz hält und – um beim Beispiel zu bleiben – Schadensersatz sowie Strafen für die Verletzung von Menschenrechten zahlen muss.

Noch komplexer wird es dadurch, dass sich diese Risiken gegenseitig beeinflussen oder voneinander abhängig sind.

Das verdeutlicht die Komplexität des Themas. Was sollten Treasurer also beachten, was würdest du ganz allgemein empfehlen?

Ich würde insbesondere zwei Dinge raten: Uns allen ist mittlerweile bewusst, dass wir nachhaltiger wirtschaften müssen. Gerade durch die Vielschichtigkeit des Themas sollten Unternehmen daher eine entsprechende Nachhaltigkeitsstrategie entwickeln, deren Ergebnis dann auch eine Grundlage für die mittel- und langfristige Finanzplanung des Treasuries ist.

Und zweitens kann der Treasurer auf Basis dieser Nachhaltigkeitsstrategie mit seinen Finanzpartnern sowohl staatliche Unterstützungsleistungen beantragen als auch Fortschritte in der Umsetzung der ESG Strategie mit in die Preisgestaltung von Finanzprodukten einbeziehen.